Die Demokratie wird im Mittelgewann gerettet!

Vergangenen Mittwoch wurde in der Sitzung des Gemeinderats zum nun vierten Mal in drei Jahren die Bebauung des Mittelgewanns im Flächennutzungsplan überarbeitet und von 7,5 auf 4,2 Hektar reduziert. Mit dem Wunsch nach Reduktion wollten OGL und Linke einen „politischen Fehler korrigieren“, wie die Regionalpresse titelte. Demokratische Entscheidungen der Vergangenheit als Fehler darzustellen, ist sicher Geschmackssache. Deutlich ungewöhnlicher ist es, sich darüber zu freuen, etwas zu verlieren. Mit der erneuten Reduktion des Mittelgewanns verliert die Gemeinde Potenzial. Potenzial, notwendigen Wohnraum zu schaffen. Das mag den Besserverdiener im Einfamilienhaus mit Sport- oder wahlweise Geländewagen vor der Tür wenig berühren, die junge Familie und den Azubi hingegen schon. Vielleicht werden diese auch noch in 20 Jahren bei der Suche nach einer Wohnung oder gar einem Haus im Ort leer ausgehen. Dann werden sie hoffentlich Verständnis zeigen, wenn auch ihnen der Linke Fraktionsvorsitzende Wunder erklärt, dass es damals einen Bürgerentscheid gab und dessen Bindungsfrist ja kein Verfallsdatum gewesen sei.Ernsthaft: Wir schreien über Wohnraummangel und kippen trotzdem ein Neubaugebiet. Nachdem man sich eine Bebauung für die ferne Zukunft vorerst offen hält, kasteien OGL/UBL/Linke als Retter des Bürgerwillens und der Demokratie sich bzw. die gesamte Gemeinde und sägen nun noch an der langfristigen Option auf Bebauung. Bis heute bleiben sie jedoch realistische Alternativen schuldig – diese bauen bislang häufig auf der fragwürdigen Hoffnung, dass alleinstehende, ältere Menschen freiwillig ihr Haus aufgeben. Die Entscheidung 2018, sich 7,5 ha Mittelgewann im Flächennutzungsplan zumindest offen zu halten, war ein politischer Fehler? Dann war die Entscheidung der letzten Woche ein politischer Blindflug mit einem Horizont, gegen den jeder Fünfjahresplan noch eher das Prädikat „vorausschauend“ verdient hätte.Doch zum Positiven: Endlich wurden die Nachwehen der großen Koalition aus SPD und CDU in der Gemeinde behoben und es ist Platz für sinnvolle Politik. Allerdings hätte ein bebautes Mittelgewann auch für dessen Gegner einen Vorteil gehabt: Die von der OGL angeregte Suche nach Flächen für Photovoltaikanlagen würde durch die zusätzlichen Dächer deutlich erfolgreicher ausfallen. (Patrick Hennrich)