Haushaltsrede 2024

Der Haushaltplan 2024 ist wahrlich kein Grund zum Jubeln. Wir sind trotz massiver Einsparungen gezwungen, Schulden zu machen. Wir können viele Wünsche der Bürgerschaft nicht mehr finanzieren. Verdeutlicht wird die Dramatik dadurch, dass keine Fraktion einen Antrag auf Mehrausgaben gestellt hat. Auch unter den älteren Gemeinderäten fand sich niemand, der sich an eine solche Situation erinnern kann. Dies zeigt das Dilemma auf, in dem sich die Gemeinde Edingen-Neckarhausen befindet. Wir wollen gestalten, aber zur Gestaltung benötigt man Mittel und diese werden uns nicht zur Verfügung gestellt.


Nachfolgend ein Ausblick, was notwendig wäre für eine kommunale Haushaltswende: Zunächst muss man sich die Pflichtaufgaben ansehen, die der Kommune von Land und Bund auferlegt wurden. Allein in den letzten Jahren kamen immense Ausgaben zur Bewältigung der Flüchtlingskrise auf uns zu. Die notwendige Bereitstellung der Mittel wurde uns versagt.
Wir kämpfen mit den Auswirkungen des 49-Euro-Tickets. Im Moment wird die Lücke zwischen Fahrpreisen und Kosten noch vom Bund finanziert. Für 2024 müssen wir sehen, was kommt. Die Zeichen stehen schlecht, wir können uns hier auf weitere Kostenerhöhungen einstellen. Dass uns diese Belastungen aufgrund der Abrechnung nach Nutzungskilometern bei der Linie 5 besonders treffen werden, ist kein Geheimnis.
Wir haben die Schulen teilweise saniert, teilweise ist die Sanierung noch im Gange. Die Mittel holen wir aus unserem löchrigen Haushalt und, man muss es aussprechen, zu einem guten Teil von der Bank. Es tut dann immer weh, wenn man Anträge der Schulen, wie den Antrag für die digitalen Tafeln aus Edingen aus Kostengründen ablehnen muss. Aber jedem muss klar sein, dass dies weder aus Bosheit noch aus Ignoranz erfolgt, sondern schlicht, weil wir kein Geld haben.
Unser Stromnetz soll für die Energiewende fit gemacht werden. Hier werden ebenfalls immense Mittel benötigt. Wo die herkommen sollen, darüber hat sich noch keiner Gedanken gemacht. Da dies aber ja eine kommunale Aufgabe ist, muss das ja auch keiner außer den Gemeinderäten aller Kommunen.
Dies war ein kleiner Abriss der Pflichtaufgaben, die anstehen und finanziert werden müssen.

Auch die Feuerwehr ist eine Pflichtaufgabe und wir haben ein Gelände für das neue Hilfeleistungszentrum ausgewiesen. Alle arbeiten an Ideen wie einer Investorenlösung oder Eigenfinanzierung – und das bei einem Haushalt, in dem schon ohne diese Aufgabe 3,5 Mio. Euro fehlen!
Und dann gibt es ja noch die freiwilligen Leistungen: Wir wollen 2035 klimaneutral sein. Damit verbunden die energetische Sanierung unserer Gebäude, womit wir ja auch versuchen, unsere steigenden Energiepreise in den Griff zu bekommen – freiwillig.
Als eine der letzten Kommunen betreiben wir ein Schulhallenbad und das Freizeitbad – freiwillig. Wie lange können wir das noch finanzieren? Doch selbst bei einer Schließung blieben die Gebäude – und die Gemeinde soll den Mitarbeitern auch nicht einfach kündigen. Wo ist die Unterstützung von Bund und Land für unsere Bäder? Wir leben am Fluss. Wenn Kinder nicht schwimmen lernen, gibt es irgendwann Tote!
Noch finanzieren wir Musikschule, Vereine, Volkshochschule und die Partnerschaft mit Plouguerneau aus Schulden. Eine Streichung wäre der Kahlschlag im Sozialen! Das mussten wir schon während Corona erleben, als das soziale Leben zum Erliegen kam. Jetzt ist es hausgemacht, da man die Kommunen finanziell ausbluten lässt.
Gemeinderat zu sein ist derzeit oft frustrierend. Was treibt uns weiter an? Die Liebe zu unserer Heimatgemeinde! Die Hoffnung, dass Appelle irgendwann fruchten und der Austausch mit unseren Bürgerinnen und Bürgern. Das Motto von John F. Kennedy, leicht abgewandelt, ist aktueller denn je: „Frage nicht, was die Gemeinde für Dich tun kann, frage, was Du für die Gemeinde tun kannst!“. Wir brauchen die Unterstützung aller Bürgerinnen und Bürger, denn es geht um uns alle.
Wir stimmen dem Haushalt und allen Nebenpunkten zu. Danke an alle Mitarbeiter der Gemeinde sowie an die Kollegen im Rat für die Zusammenarbeit und dafür, dass wir an einem Strang gezogen haben und keiner einen Antrag auf Mehrausgaben gestellt hat.
Ausdrücklich nicht bedanken wir uns bei der Landes- und Bundesregierung, die die Kommunen immer weiter finanziell überfordern, um selbst ausgeglichene Haushalte vorzulegen. Die Zeche zahlen wir hier vor Ort. Wenn andernorts bereits Bürgermeister und ganze Gemeinderäte zurücktreten, weil sie keinen Spielraum mehr haben, sollte man den Schuss gehört haben. Wir wollen gestalten, nicht die Insolvenz verwalten! (Michael Bangert)