Im AMB vor 14 Tagen überzog uns die OGL mit gewaltiger Empörung. Anlass war unsere Stellungnahme zum Finanzhaushalt 2021 im Gemeinderat. So zeige unsere Kritik an der Verhinderung sozialen Wohnungsbaus durch Anwohnerbündnisse, dass wir „in der Gegenwart noch nicht angekommen“ seien und man fragte sich: „Was ist das für eine Haltung gegenüber der Bürgerbeteiligung?“.
Zur Klarstellung: Wir haben nichts gegen eine Bürgerbeteiligung einzuwenden, solange sich diese tatsächlich auf die Bürger erstreckt und nicht auf einzelne Interessenverbände, die frei nach dem Motto „Hauptsache nicht vor meiner Haustür!“ agieren. Betrachtet man die letzte Gemeinderatssitzung vom März, dann ist unsere Haltung zur Bürgerbeteiligung anscheinend sogar eine ehrlichere als die der OGL.
Wir erinnern uns: Die Gemeinde hatte die Absicht, testweise 14 öffentliche Parkplätze am Ende der Heidelberger Straße zu Gunsten eines Radwegs ersatzlos zu streichen. Der OGL-Fraktionsvorsitzende Thomas Hoffmann führte dazu zum wiederholten Male aus, dass die Anwohner der Heidelberger Straße auf seine persönliche Befragung hin bis auf ein, zwei Ausnahmen damit einverstanden seien.
Gut, wenn die große Mehrheit dafür ist, warum nicht? Also ging der Antrag der Verwaltung einstimmig durch. Auffällig nur, dass sich wenige Tage nach der Sitzung ein aufgebrachter Bürger u.a. bei unserer Fraktion meldete und berichtete, zu keinem Zeitpunkt nach seiner Zustimmung befragt worden zu sein. Okay, kann passieren – vielleicht ein Einzelfall. Scheinbar aber nicht: Besagter Anwohner hat sich in der Nachbarschaft kundig gemacht, die ebenfalls alles andere als begeistert war. Genau genommen war die Nachbarschaft derart wenig begeistert, dass uns inzwischen eine Unterschriftenliste vorliegt, auf der weitere 11 der insgesamt 17 Anwohner versichern, von Herrn Hoffmann und der OGL zu keinem Zeitpunkt zu ihrer Meinung befragt worden zu sein.
So geht scheinbar Bürgerbeteiligung in Grün: Ganz wenige fragen und dann behaupten, jeder sei einverstanden. Ist natürlich schöner so, sonst würde sich manches Luftschloss vielleicht nur schwer bauen lassen. Oder bewegt sich Herr Hoffmann als steter Verfechter der Bürgerbeteiligung vielleicht in Sphären, in denen er einfach schon weiß, was die Bürger wollen, bevor sie gefragt wurden? Ein Lehrstück für den Sinnspruch „Wasser predigen und Wein trinken“ und ein Indiz dafür, wie ernst die OGL ihre eigene Forderung nach Bürgerbeteiligung offenbar nimmt. Wir hoffen, der Osterhase hatte einen Besen im Gepäck, sodass jetzt auch vor der eigenen Tür gekehrt werden kann. (Patrick Hennrich/Thomas Zachler)