Haushaltsrede 2021 unseres Fraktionsvorsitzenden Thomas Zachler

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Michler,
sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung,
meine sehr geehrten Damen und Herren, 

gemeinsam stark, das war seit vielen Jahren die Maxime des Gemeinderats und der Gemeindeverwaltung. Und wir brauchen in der Historie gar nicht weit zurückgehen, um auf mehrere Krisensituationen zu stoßen, die wir hier gemeinsam bewältigt haben: Auswirkungen der Wirtschaftskrise 2009, Unterbringung von Flüchtlingen 2015/2016 und nun die Corona Pandemie. Um derartige Krisen zu meistern, ist eine Grundvoraussetzung von enormer Bedeutung: Das gegenseitige Vertrauen. Vertrauen des Gemeinderats in die Verwaltung, dass diese mit den anvertrauten Haushaltsmitteln sorgsam umgeht und über die finanziellen Entwicklungen transparent informiert. Aber auch das Vertrauen der Verwaltung in den Gemeinderat, dass dieser in besonderen Situationen erforderliche und notwendige Maßnahmen mitträgt. Und diese Stärke braucht es auch, um in den kommenden Jahren die pandemiebedingten, finanziellen Auswirkungen ausgewogen zwischen der Gemeinde, seinen Einwohnerinnen und Einwohnern, seinen Vereinen und Verbänden abfedern zu können.

Es gilt eine Balance zu finden: Einerseits sollen wir uns antizyklisch verhalten und die Wirtschaft in Krisenzeiten durch Investitionen ankurbeln. Andererseits darf die Gemeinde die finanzielle Belastbarkeit der ortsansässigen Gewerbetriebe durch eine zu hohe Gewerbesteuer nicht überstrapazieren. Aber auch die den Gemeinderatsmitgliedern wichtige Begrenzung der Verschuldung dürfen wir nicht aus den Augen verlieren. Eine nachhaltige Haushaltswirtschaft ist nun mal die Basis für alle weiteren Entwicklungen. Und hier sehen wir weiterhin Probleme für unsere Gemeinde, weil wir dafür in den vergangenen Jahren keine Grundlagen schaffen konnten: Aufnahme immer neuer Kredite anstelle konsequenten Rückbau der Verschuldung, Rückführung auf Mindestliquidität anstelle Stärkung der Liquidität um Vorsorge zu treffen für härtere Zeiten. Diese nicht bespielten, politischen Instrumente versetzen uns künftig leider nicht in die Lage, uns die notwendige finanzielle Luft zum Atmen zu lassen, uns zu ermöglichen, dringend notwendige Investitionen ohne noch größere Verschuldung zu tätigen.  

Kolleginnen und Kollegen, in den letzten Jahren habe ich an dieser Stelle immer davon gesprochen, dass unsere Gemeinde finanziell fremdbestimmt wird – sie abhängig ist von einer gesunden Konjunktur, der Einkommensteuer und Gewerbesteuer und den Schlüsselzuweisungen. Nur reichen diese eben nicht aus, um die hausgemachten Pflichtaufgaben zu erledigen und Wünsche, sprich freiwillige Leistungen, zu erfüllen. Da klafft eine Lücke im Anspruchsdenken. 

Haben wir es aber ernsthaft probiert, diese Lücke, diesen Spalt zu minimieren? Wir meinen: Nein! 

Immer, wenn die Chance bestand, zusätzliche Einnahmen zu generieren, schlugen wir selbst die Tür zu. Das fängt mit Grundstückserlösen durch eine Wohnbebauung im Edinger Süden an, zieht weiter hin zur maximalsten Bebauungsreduzierung in Edingen-Südwest und endet schließlich mit der aktuellen Nichtberücksichtigung einer Doppelhausbebauung auf Gemeindegrund(!) in der Neu-Edinger Lilienstraße im Haushalt. Dafür wird man als Preistreiber durchs Dorf gejagt, wenn man eine Handvoll 900 EUR/m² gemeindeeigene Grundstücke in bester Lage nicht für 450 EUR verschenkt, sondern für’s Höchstgebot verkauft. Geld, was dem Gemeindekonto zu Gute kam.

Kaum, dass mal ein Nugget eines Claims durch die Decke scheint, schütten wir das Loch schnell wieder zu, weil bestimmt wieder irgendein selbsternanntes Projektverhinderungsbündnis mit selbstgefälligen Eigeninteressen Rabatz macht. Und sich dann nach erfolgreicher Verhinderung sofort wieder auf’s heimische Sofa zurückzieht. Kein Wunder, wenn viele aus der großen, aber schweigenden Mehrheit unserer Einwohner sich mit Grausen abwenden. 

Und mit Blick auf die Gemeindefinanzen, die Kreditaufnahmen und die prognostizierten Verschuldungsstände der kommenden Jahre erübrigen sich viele der bei uns nachgefragten Antworten zu den auf der Wunschliste stehenden künftigen und größeren Projekten. Die Antworten auf diese Fragen erübrigen sich, weil sich für uns die Frage stellt, wie das bezahlt werden soll, wenn alles bleibt wie bisher. Ein paar wenige Beispiele: Der Erlös der Bäko-Wiese ist schon festgeschrieben und Interessenten für die Bebauung in Edingen-Südwest stehen nicht Schlange, sondern muss man schon beinahe suchen. Eine Tatsache, die uns nicht verwundert. Auch Neckarhausen-Nord wird schon fest verbucht, obwohl die Erbpachtverträge noch ewige Laufzeiten bis Mitte dieses Jahrhunderts haben, die hier beteiligten Sportvereine noch keine Unterschrift unter einen konkreten Vertrag gesetzt haben und die Gespräche mit den Edinger und Neckarhäuser Hundesportlern wieder einmal bei Null anfangen. Ökopunkte contra Hundesport. Das wird spannend. Jetzt geht die Suche wieder von vorne los. 
Die Edinger Grundschule steht noch immer zur Sanierung an. Auch hier hat man sich in der Gegenwart nicht mit Ruhm bekleckert. Und: Wie bezahlen wir diese Investitionen? Das neue Gewerbegebiet in den Milben zeigt noch keine festen Konturen -naja, in einer knappen Stunde sind wir zumindest hier einen Schritt weiter- und die Feuerwehrleute warten auf ihr HLZ. Frage: Mit was, außer neuen Krediten, soll oder kann das finanziert werden? Auch uns sind die Feuerwehr und das DRK lieb und teuer. Aber: Wie viele Schulden verträgt eine Gemeinde? Und: Wie und von wem werden die abbezahlt?

Die SPD-Fraktion hatte im Zuge der Haushaltsvorberatung drei Punkte konkret angesprochen: Das Neckarhäuser Jubiläum im Jahr 2023 anlässlich seiner ersten urkundlichen Erwähnung im Lorscher Kodex im Jahr 773, die in diesem Jahr dann doch bitte abgeschlossene Renovierung der Eduard-Schläfer-Halle, dem noch einzigen adäquaten Versammlungsraum im Ortsteil, und das Kulturgut Fährhäuschen. Kein „nice to have“ oder „toys for boys“. Sondern für Neckarhausen ein Kulturgut. Letzteres wurde mit einer letztlich reduzierten Summe mit 10.000 EUR eingebracht und als einziger Antrag mit einem Deckungsvorschlag versehen. War ein Fehler. Denn kostenintensivere Anträge ohne Deckungsvorschlag gingen ohne große Diskussion durch. Apropos Fähre: Seit der kommunalen Übernahme der Fähre schreibt dieses Transportmittel rote Zahlen. Über Jahrhunderte hat dieses Transportmittel schwarze Zahlen geschrieben, damit Fährfamilien ernährt, denen erlaubt, Häuser zu bauen. Wir können froh sein, dass diese Leute uns die Fähre verkauft haben, sonst wären sie sicher seit März letzten Jahres im Ruin gelandet und hätten wahrscheinlich aus Armutsgründen bereits auswandern müssen – hier läuft definitiv aus unserer Sicht was schief.

Zurück zum Haushalt: Wir stimmen der Finanzplanung für 2021 mehrheitlich zu. Wohlwissend, und das sagen wir hier an dieser Stelle, dass wir diese heutige Zustimmung nicht mit einem uneingeschränkten “Ja” für alle uns künftig vorgelegten Beschlüsse in diesem Jahr versehen werden. Wir wollten mit einer generellen Ablehnung, die durchaus nachvollziehbar wäre, nicht die notwendigen Handlungen der Verwaltung auf Monate hinaus verschieben und bereits begonnene Projekte wie den Bau des Kindergartens im Gemeindepark und künftige wie die dringend notwendige nachfolgende Sanierung der Edinger Grundschule unnötig hinauszögern. Wohlwissend auch, dass aufgeschobene Projekte eben nicht billiger werden. Verschieben ist keine Lösung. Dem Haushaltsplan zur Wasserversorgung stimmen wir zu.