Hurra, in Edingen-Südwest wird gebaut!

Nur freuen Sie sich nicht zu früh – Wohnungssuchende mit durchschnittlichem Einkommen werden sicher nicht zum Zug kommen. Denn nach dem Abstimmungsergebnis im Gemeinderat werden auf dem ehemaligen Tennisgelände nach dem Willen von Bürgermeister Michler, der großen Mehrheit der CDU und den Ratsmitgliedern von UBL/FDP/FWV und OGL auf 12.200 m² ganze 24 Wohnungen in vier Häusern gebaut. Falls es nicht noch weniger werden, denn nach wie vor heißt es „circa 24“.

Dies ist ein ein Armutszeugnis für eine zielführende städtebauliche Entwicklung und eine bedingungslose Kapitulation vor Anwohnereinwänden. Im Herbst 2017 waren ursprünglich 45 Wohneinheiten geplant. Nach einer zweiten Runde im Gemeinderat im Frühjahr 2018 blieben noch 36 Wohnungen übrig. Unmittelbar am Tag der eigentlichen Abstimmung im Juni 2018 wurde der Verwaltungsvorschlag und ursprüngliche Entwurf von 36 Wohnungen kurzfristig abgesetzt und ein dritter Workshop angesetzt, in welchem dem Städteplaner eine Sparlösung von 24 Wohnungen mitgegeben wurde – ohne unsere Zustimmung.

Am vergangenen Mittwoch wurde diese 24 Wohnungen Sparlösung nun zur Abstimmung gebracht und gegen unsere Stimmen beschlossen. Eine Sparlösung? Ja, aber nur im Hinblick auf die Wünsche der rührigen Bürgerinitiative, die eine Bebauung vor ihren Wohnungen nicht wünscht und erfolgreich zu verhindern wusste. Aber keineswegs sparsam in Bezug auf die Geldbörsen von Rückkehrwilligen und Bauwilligen aus unserer Gemeinde. So wird dort nach unserer Berechnung, die nach Aussage des Städteplaners sehr niedrig angesetzt ist, eine 90 m² große Wohnung in einem der vier Mehrfamilienhäuser inklusive der Tiefgaragenplätze fast 350.000 EUR kosten. Dieser Preis setzt sich bei 24 Wohnungen in vier Häusern wie folgt zusammen (Zahlen gerundet):

  • Grundstück:
    • Gesamtfläche: 12.230 m²
    • Gesamtfläche zur Bebauung: 2.080 m²
    • Laut Gemeinde vorgesehen: 4 Häuser à 520 m² Grundfläche mit insg. 24 Wohnungen
      • Laut Gemeinde vorgesehen pro Haus: 6 Wohnungen à 90m²
        • Bodenrichtwert Edingen-Südwest: 390 pro m² => Grundstückspreis pro Wohnung: 35.100 EUR
  • Erschließungskosten:
    • Rodelhügel: 200.000 EUR
    • Resterschließung: 350.000 EUR
      • Erschließungskosten gesamt: 550.000 EUR
        • Erschließungskosten pro Wohnung: 22.916 EUR
  • 2 Tiefgaragenstellplätze pro Wohnung: 70.000 EUR
  • Kosten für umbauten Raum: 2.400 EUR pro m²
    • Kosten für umbauten Raum pro Wohnung: 216.000 EUR
  • Gesamtkosten:
    • Grundstückspreis pro Wohnung: 35.100 EUR
    • Erschließungskosten pro Wohnung: 22.916 EUR
    • Kosten für Tiefgaragenstellplätze pro Wohnung: 70.000 EUR
    • Kosten für umbauten Raum pro Wohnung: 216.000 EUR
      • => GESAMTKOSTEN PRO WOHNUNG BEI 90,0 m²: 344.016 EUR

Quellen:

Bodenrichtwert/Grundstückspreis: Gemeinde Edingen-Neckarhausen

Erschließungskosten: Bauamt Edingen-Neckarhausen

Kosten Tiefgaragen: Bauamt Edingen-Neckarhausen

Kosten für umbauten Raum: Das Deutsche Baugewerbe

Die von uns hinterfragte, zweite Zufahrt zur Tiefgarage -aus unserer Sicht für 30 Parkplätze völlig überdimensioniert und ein weiteres 150.000 EUR-Zugeständnis- ist darin noch nicht eingerechnet. Ebenso wurden Preissteigerungen, Notarkosten und weitere Nebenkosten nicht eingerechnet. Laut Auskunft der Gemeinde beträgt der Bodenrichtwert inzwischen sogar 410 EUR pro m² – wir haben uns bei den 390 EUR auf den letzten öffentlich verfügbaren Stand von 2016 bezogen.

Man beachte: Die von uns in der Sitzung vorgetragene Rechnungsaufstellung ernetete von keiner Seite Widerspruch. Im Gegenteil. Wir hätten noch “zu niedrige Ansätze” getätigt und die Wohnungen kämen demzufolge noch teurer, so der in der Sitzung anwesende Städteplaner.

Spannend zu hören waren deswegen die Aussagen der jeweiligen Befürworter: “Sozialwohnungen werden das sicher nicht”, so Bürgermeister Michler, “und nur ein kleiner Schritt im Wohnungsbau”. Glückwunsch, Herr Michler – nach dem Mittelgewann erneut eingeknickt und lieber individuell „den Wünschen und Forderungen der Anwohner“ entsprochen, anstatt das Wohl der Gesamtgemeinde im Blick zu behalten. Man hörte von Seiten der CDU, “dass die allererste Planung vom Herbst 2017 am allerbesten gefallen” habe und die heutige Variante nur ein “Minimalkonsens” sei. Die Grünen hätten sich “mehr Verdichtung gewünscht”, trotzdem seien 24 Wohnungen die beste Lösung. Und für die UBL/FDP/FWV war die Planung sinnvoll und das Resultat gehe in “Richtung Wunschergebnis”. Dass deren Fraktionschef Hans Stahl im Rahmen der Erschließungsdiskussion noch ein „Wir müssen als Gemeinde bezahlbaren Wohnraum anbieten“ fallen ließ, grenzt beim Blick auf die Kosten unseres Erachtens an Hohn.

Doch zu viel des Wehklagens. Fast alle sind glücklich! Bürgermeister und Verwaltung. CDU, UBL/FDP/FWV und OGL, die ein halbes Jahr vor der Kommunalwahl eine Disharmonie mit den Anwohnern vermeiden konnten und natürlich die Teile der Nachbarschaft am Tennisgelände, die weiterhin mit Blick auf den Rodelhügel wohnen dürfen. Sicher nicht glücklich sind diejenigen, die dort gerne eine bezahlbare Doppelhaushälfte oder eine Wohnung bezogen hätten. Ein kleiner, nicht ganz ernstgemeinter Trost: Bauwillige können sich weiterhin in Ladenurg, Schriesheim oder Heddesheim umschauen. Denn dort wird gebaut. Was ein Glück. Dass nicht nur normalverdienende Kaufinteressenten in die Röhre schauen, sondern auch die Gemeindefinanzen durch diese Sparversion keine Auffrischung erfahren werden, ist ebenso klar:

Der Umzug der Tennisanlage kommt voraussichtlich auf Gesamtkosten von über 1 Mio. EUR. Bei einem Bodenrichtwert von 390 EUR pro m² nimmt die Gemeinde mit dem Verkauf des Geländes von 2.080 m² jedoch nur 811.200 EUR ein. Ein Verlustgeschäft. Aber wir haben es ja – die nächste Kreditaufnahme wird sicher dafür sorgen. (Thomas Zachler, Patrick Hennrich, Michael Bangert)